“Hallo, mein Name ist Frau Bildung und ich habe einen Koffer voller Geschichten mit dabei.”
Mitten in die Eröffnungsrede zum Tag der Weiterbildung am 28. September 2012 in der Cusanus Akademie in Brixen platzte Frau Bildung, die in Sachen Bildung durch die Lande zieht und ganz “zufällig” in der Gegend war. Frau Bildung (hervorragend gespielt von der Schauspielerin und Theaterpädagogin Katja Lechthaler) gefiel es auf dem Tag der Weiterbildung dann so gut, dass die den ganzen Tag über bei uns blieb. Sie zauberte aus ihrem magischen Koffer immer neue “Symbole”,über die sie jeweils eine kleine Geschichte zu erzählen hatte und die zu den einzelnen Vorträgen und Aktionen des Tages überleiteten und so einen gelungenen “narrativen” Rahmen über die gesamte Veranstaltung spannten.
Das didaktische Konzept und die Geschichten, die uns Frau Bildung erzählte wurden von Kathrin Gschleier vom Studio für narrative Kommunikation eigens für diesen Tag entwickelt. Eine tolle und funktionierende Idee!
NARRATA Consult war mit einem Vortrag und einem Workshop, auf der von Martin Peer vom Amt für Weiterbildung, Bozen organisierten Veranstaltung, mit dabei. Als Symbol für unseren Vortrag mit dem Titel “Lebendige Organisationen – Storytelling in Unternehmen” holte Frau Bildung Ohrenstöpsel aus dem “Koffer voller Geschichten”.
Warum Ohrenstöpsel? Nun, dieses Symbol viel mir spontan zu unserer Arbeit ein, als mich Kathrin Gschleier nach einem passenden Symbol fragte. Oft kommt es mir so vor, wenn ich ein Unternehme besuche, als ob viele Mitarbeiter sich so eine Art „mentale Ohrenstöpsel“ verpasst haben. Obwohl sie in Teams und vielschichtigen Projekten arbeiten, nehmen sie nur ihre eigene Arbeit und ihre Sicht auf die Dinge war, leben und agieren wie in einem abgeschotteten Kokon. Und eine Aufgabe von NARRATA Consult, bzw. von Storytelling in Organisationen ist es , diese mentalen Ohrenstöpsel in den Köpfen der Mitarbeiter zu lösen und ihnen durch das Vehikel Geschichten den Blick aufs Ganze zu ermöglichen, und so Projekte, Prozesse und zwischenmenschliche Themen ganzheitlicher zu sehen und zu verbessern.
Im Vortrag erfuhren die rund 90 Teilnehmer dann, was es mit narrativem Management in Organisationen auf sich hat, wie der Einsatz von Storytelling am Beispiel Projekt Debriefing mit Erfahrungsgeschichten konkret aussieht und welche Resultate durch den Einsatz von Storytelling erreicht werden können.
Im Workshop, dessen Symbol das Mikrophon war, wurde es dann praktisch. Die Teilnehmer wurden mit Hilfe einer “Ereigniskurve” gebeten, sich narrativ an ein besonderes berufliches oder privates Ereignis zu erinnern. In der anschließenden Partnerübung schlüpften sie abwechselnd in die Rolle des Fragenden und des Erzählenden und berichteten über ihr Ereignis bzw. fragten danach und spürten darin verborgenen Lessons Learned und Best Practices auf. Mein Gesprächspartner war dabei Oliver, der als Lehrer gerade einen Schulwechsle hinter sich gebracht hat.
Für viele war das eine ganz neue Situation und für einige sogar eine Gelegenheit für ganz neue Erkenntnisse über das Wissen von langjährigen Kollegen. Die Stunde ging viel zu schnell vorbei, gerne hätte man noch weiter interviewed bzw. erzählt.
Hier noch ein Einblik in die weiteren spannenden Vorträge und narrativen Aktivitäten auf dem Tag der Weiterbildung:
Das war noch lange nicht alles. Den Beiträge auf italienisch konnte ich leider nicht wirklich folgen (mangels Sprachkenntnisse), aber es war trotzdem ein Vergnügen z. B. Marta De Chiusole (erzählte über das Projekt Autobiographie) und Franco Bertoldi (berichtete über Autobiographisches Arbeiten mit Musik) zu lauschen.
Was mir an diesem Tag wieder einmal sehr deutlich geworden ist: Geschichten und Geschichtenerzählen ist etwas ganz persönliches und indviduelles. Mit den Geschichten, die wir erzählen geben wir immer auch etwas von uns Preis. Wer wir sind, wie wir denken und wie wir uns in bestimmten Situationen verhalten. Damit erfordert Storytelling auch immer ein bisschen Mut. Nämlich den Mut, etwas mehr von uns als Mensch zu zeigen, anstatt anonyme Charts, Statistiken oder Sachberichte.
Am Ende noch ein kleines persönliches Highlight von diesem Tag: Danach gefragt, was er den anderen Lehrern raten würde, bei denen ein Schulwechsel bevorsteht, antwortete mein Interviewpartner im Storytelling-Workshop:
“Eine positive Einstellung hilft immer.”
Recht hat er!
Ich wünsche allen Teilnehmern des Tages der Weiterbildung in Brixen neben zahlreichen Anregungen rund um das Thema narrative Methoden, für die nächsten Wochen und Monate einen vollen “narrativen” Koffer, der viel Lust und Mut macht zum selber Geschichten erzählen und hören, ob nun im beruflichen oder privaten Kontext.
Viele Grüße (besonders auch ins schöne Südtirol),
Karin Thier