Dienstagnachmittag in der schwäbischen Hauptstadt: das NARRATA-Team steht neun Führungskräften eines rasant wachsenden IT-Dienstleisters rund um SAP gegenüber – hinter uns liegen rund 1,5 Tage Workshop und die große Aufgabe, Führungsleitlinien zu formulieren, die dem Unternehmen eine Orientierung in einer von großer Veränderung geprägten Umgebung geben sollen.
Aber was hat nun Storytelling mit dem Formulieren von Führungsleitlinien zu tun? Bei der Entwicklung von Führungsleitlinien (ähnlich wie auch bei der Entwicklung von Unternehmenswerten) erliegen Unternehmen oft der Versuchung, schön ausformulierte Leitsätze zu erstellen, die zwar wichtige Themen ansprechen, aber für die Mitarbeiter meist beliebig und austauschbar bleiben. Eine echte Identifikation mit den Führungsleitlinien und ein tatsächliches Handeln nach ihnen entstehen so kaum. Will ein Unternehmen authentische, nachvollziehbare Führungsleitlinien, so bedarf es einer tiefergehenden Auseinandersetzung mit dem tatsächlichen, erlebbaren Führungsverhalten und den daraus resultierenden Möglichkeiten für ein Verhalten in der Zukunft.
Mit Hilfe von Storytelling, bzw. dem Aufspüren und Analysieren von prägnanten Ereignissen, Erlebnissen und Anekdoten, die man sich im Unternehmen über Führungspersönlichkeiten und ihr konkretes Verhalten z. B. in Krisenzeiten erzählt, wird es möglich, ein Bild von den im Unternehmen wahrgenommenen und tradierten Führungswerten zu erhalten.
Geschichten entstehen überall dort, wo Emotionen im Spiel sind, wo Mitarbeiter einschneidende Erlebnisse mit der Führung hatten, die sie prägten. Durch Weitergabe dieser Geschichten werden die damit verbundenen Werte und zu erwartenden Verhaltensweisen von Führungskräften transportiert. Erzählt man sich z. B. im Unternehmen die Geschichte, wie ein Vorgesetzter bei einem schwerwiegenden Fehler seines Mitarbeiters die Schuld auf sich nahm, so sagt dies viel über die Fehlerkultur des Unternehmens aus. Oder hört man immer wieder die Anekdote, wie der Chef, wenn es eng wird, selbst zum Teammitglied wird und tatkräftig mitarbeitet, so gibt dies Hinweise über das Handhaben von hierarchischen Rängen. Natürlich gibt es auch Negativbeispiele, wenn z. B. ein Chef sein Team zu Höchstleistungen zwingt, aber seine Leute nicht dafür lobt, wenn sie die hoch gesteckten Ziele erreichen. Diese Negativbeispiele zeigen auf, von welchen negativen Führungswerten sich das Unternehmen distanzieren sollte, bzw. wo Handlungsbedarf besteht.
Ausgehend von diesen Wahrnehmungen bzw. Stories wird es für Unternehmen schnell möglich, den richtigen Rahmen für seine Führungsleitlinien zu finden, in dem sich Mitarbeiter und Management wirklich wiederfinden.
Aber nun zurück in die schwäbische Hauptstadt. Wir drehen die Uhr 1,5 Tage zurück auf Montagmorgen, wo neun Augenpaare uns gespannt anschauen und auf den Beginn des Workshops warten. Was dort genau passierte und wie es gelang, die Führungsleitlinien zu formulieren, erfahren Sie in Teil 2 dieses Blogbeitrages heute in 2 Wochen.
Mit vielen Grüßen Karin Thier & Christine Erlach