„Wenn etwas wirklich interessant ist, dann sehe ich das später in Aktionen.“
Dieser Satz, ausgesprochen von einem elf jährigen Jungen der in der Regel mehr als drei Programme parallel im Fernsehen anschaut und sofort „wegzappt“, wenn er längere Dialoge zwischen Personen sieht, war für mich einer der Schlüsselmomente auf dem diesjährigen TTS Knowledge Transfer Forum am 24. Mai 2012 in der Print Media Academy in Heidelberg. Wim Veen, Professor für Learning Systems an der Delft University of Technology hat über diesen Jungen, im Rahmen seines Keynote-Vortrags „How knowlegde creation will be changed by future Employees“ zu Beginn des TTS-Forums, erzählt. Er forscht seit langem über den „Homo Zappiens“ (siehe auch diesen Vortrag von Wim Veen auf Slideshare), wie er die heutigen multitaskingfähigen Kinder und Jugendlichen nennt, die zum Beispiel gleichzeitig Mathe-Hausaufgaben machen, chatten, telefonieren und Musik hören und laut Wim Veen über eine Reihe hervorragender meta-kognitiver Fähigkeiten verfügen, die auch später im Berufsleben nützlich sind, wenn sie denn auf die richtigen Rahmenbedingungen in Unternehmen treffen – und da liegt das Problem!
Diese ab den 1980er Jahren geborene Generation, die eine Welt ohne Internet nicht kennt, tritt jetzt als Arbeitnehmer in die Unternehmen ein und diese müssen laut Wim Veen einen drastischen Kulturwandel vollziehen, wollen sie diese heiß umkämpften Talente für sich gewinnen, denn wer es von klein auf gewöhnt ist Daten- und Informationsflüsse selbst zu steuern, Wissen selbst zu generieren zu teilen und zu bewerten und Kollaboration vor allem in Form von gemeinsamen Computerspielen im Netz erlebt hat, wird kaum bereit sein sich in ein durch Kontrolle, Reglements und vorgesetzten, hierarchischen (Lern-)Wegen gekennzeichnetes System einzugliedern. Aber sind wir ehrlich, genauso sind die meisten Trainings und E-Learning-Systeme in Unternehmen heute noch aufgebaut.
Und was wird der „Homo Zappiens“ machen? Er oder sie wird wahrscheinlich so reagieren wie der elfjährige Junge oben: Lerninhalte Wegzappen, bis sich das tatsächlich Interessante, Wichtige in Aktionen zeigt, also bis bestimmtes Wissen tatsächlich zur Bewältigung von Arbeitsaufgaben gebraucht wird, dann wird er sich möglichst kurze Kontexte und Beispiele suchen, an denen er sich orientieren kann, seine Community befragen, sich mit ihr über seine Frage und Probleme austauschen, sie vielleicht sogar gemeinsam lösen und anschließend wird er seine Erfahrungen im Netz veröffentlichen, um seinen Status in der Community zu erhöhen. Das alles wird ganz ohne große Steuerung des Unternehmens passieren. Langatmige Trainingseinheiten und Textbausteine von E-Learnings bleiben weitgehend unberührt bzw. ungelesen.
Im Verlauf des TTS-Forums wurde dann in den weiteren Vorträgen unter Beweis gestellt, dass es durchaus erste Ansätze und E-Learing-Konzepte gibt, die dies versuchen zu berücksichtigen. So stellte Martin Raske von der Credit Suisse in seinem Vortrag „Learning Anywhere“ u. a. die „Learning Nuggets“ vor, die mir gut gefallen haben. Das sind ca. 4-5 Minuten lange Videos, die kleine Stories z.B. über kritische Führungssituationen erzählen und Manager sensibilisieren sollen. Die Themen reichen von Motivation, über Coaching bis Health. Dieses „Management in a Nutshell“ war bei der Credit Suisse durchweg ein Erfolg und selbst eher Web-Based-Training resistente Manager konnten mit den kleinen Episoden erreicht werden.
Im Anschluss haben Jürgen Rentschler, Henning Weber und Divya Mishra von der Robert Bosch GmbH allein schon durch ihren Präsentationsstil bewiesen, dass sie beim Thema E-Learing“ in Indien neue Wege gehen und dabei eine Menge Spaß haben. Gemeinsam mit ihren mitgebrachten indischen Kollegen stellten sie ihre „IT Qualification Platform“ in Form einer dialogischen Story vor, bei der die drei Vortragenden sich gekonnt die Bälle zuwarfen.
Ein weiterer Höhepunkt der Veranstaltung war die Überreichung des TTS-WiT-Awards an R. Hofmann – La Roche für ihre innovative Trainingsplattform gegen Ende der Veranstaltung. Ein Fazit von Ralph Borer, Head of IT Training Solutions von La Roche, der die Plattform präsentierte, lautete: E-Learing muss in Zukunft mehr mit Emotionen arbeiten, die Reise geht in Richtung Story-Based-Training.
Neben diesen durch die „narrative Brille“ beobachteten Highlights, gab es eine Menge weiterer Vorträge z. B. von der KfW, Julius Bär, LGT Group, SAP, Sovanta, rund um die Themen Talent Management, E-Learning und Knowledge Technologies zu hören und zu sehen. Wen es interessiert, auf der Homepage von TTS wird es bald einen ausführlichen Review zum Knowledge Transfer Forum 2012 geben.
Auf jeden Fall war das TTS Knowledge Transfer Forum 2012 eine rundum gelungene Veranstaltung mit anregenden Vorträgen, interessanten Teilnehmern und das alles in angenehmer Atmosphäre. Gratulation an TTS. Nächstes Jahr komme ich bestimmt wieder.
Viele Grüße, Karin Thier